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Aufbruch in die dritte Dimension

Wie Extended Reality das Design verändern wird

Text Sebastian Körner

Spätestens seit der Präsentation der Apple Vision Pro ist es klar: Spatial Computing wird kommen. Es mag noch ein paar Jahre dauern, ähnlich wie es beim Mobile Computing der Fall war, aber der Grundstein ist gelegt.

Neue Spielregeln im Markendesign Die Renaissance der Materialität Skeuomorphismus: Design mit Lehrauftrag Immersion: Weniger ist mehr. Designerskills: Back to the roots! Die Bedeutung der dritten Dimension für Marken und CD

Neue Spielregeln im Markendesign

Deshalb sollten Designer:innen, aber auch Markenverantwortliche und Unternehmer:innen sich schon jetzt darauf vorbereiten. Denn durch das Einbeziehen der dritten Dimension werden sich nicht nur unsere Arbeitsplätze, Freizeitaktivitäten und Spiele verändern: Indem es digitale Erfahrungen nahtlos in den physischen Raum einbettet, schafft es auch völlig neue Möglichkeiten und Anforderungen im Bereich des Markendesigns.

Die Renaissance der Materialität

Durch Spatial Computing wird das Markendesign viel früher als bisher um eine neue Dimension erweitert: die Materialität. Berührungspunkte damit gab es bis vor kurzem – wenn überhaupt – erst bei der Konzeption von räumlichen Umsetzungen wie z. B. Messeständen oder Retail-Lösungen. In Zukunft aber werden derartige Überlegungen schon zu Beginn des Markenfindungsprozesses relevant.

 

Denn in einer Erweiterten Realität interagiert das Markendesign plötzlich mit seiner Umgebung, z. B. in Form einer App: Kanten fangen Licht, Objekte werfen Schatten und es stellt sich u. a. die Frage, ob eine hochglanzpolierte oder eine seidenmatte Oberfläche besser zur Marke passt. Diese Entscheidung ist in Ansätzen mit der Wahl des passenden Papiers für eine Broschüre vergleichbar: Offenes Naturpapier bzw. gestrichenes Hochglanzpapier haben völlig unterschiedliche Auswirkungen auf das Endergebnis und somit auf die Wahrnehmung der Marke.

Skeuomorphismus: Design mit Lehrauftrag

Nachdem User Interfaces in den letzten zehn Jahren überwiegend „flat“ designt und Licht, Schatten und Dreidimensionalität sehr zurückhaltend eingesetzt wurden, könnte es jetzt zu einer Rückkehr des Skeuomorphismus kommen. Dieses Designkonzept ahmt Materialoberflächen und physische Bewegungen aus der realen Welt nach. So simuliert es beispielsweise das Umlegen eines Schalters oder das Berühren von Oberflächen.

 

Und genau diese Realitätsnähe brauchen wir jetzt. Denn in einer Zeit des Übergangs von Zwei- auf Dreidimensionalität kommt dem Design von User Interfaces auch eine erzieherische Rolle zu:  Es schafft eine vertraute Brücke zwischen der digitalen und der physischen Welt, bietet Orientierung in einer noch unbekannten Umgebung und macht Funktionen klar.

Wenn der digitale Kalender aussieht wie ein echter Filofax mit Ledereinband, dann sinkt die Hemmschwelle und das Verständnis für Extended Reality-Anwendungen steigt. Wir lernen dadurch, in virtuellen Räumen mit Dingen umzugehen, sie anzugreifen und zu bedienen – und zwar ohne Maus und Tastatur, sondern zum Beispiel durch Steuerung mit den Augen. Die Software wird „anfassbarer“ – und damit auch Marken und ihr Erscheinungsbild.

Immersion: Weniger ist mehr.

Die dritte Dimension eröffnet neue Horizonte: immersive Produktpräsentationen, interaktive Einkaufserlebnisse und vieles mehr. Doch Vorsicht – nicht übertreiben! Das Eintauchen in 3D sollte langsam passieren, um die User:innen nicht zu überfordern. Nicht alles muss glitzern und schimmern, niemand will Werbeanzeigen, die einem ins Gesicht springen. Designer:innen sollten mit Effekten sparsam umgehen; die Kunst besteht darin, die richtige Balance zwischen Innovation und Nutzerfreundlichkeit zu finden.

Designerskills: Back to the roots!

Um diese Kunstfertigkeit zu erreichen, werden in Zukunft völlig andere Skills in der Designbranche gefragt sein – nämlich das gute alte Handwerk: Es braucht wieder ein tiefes Verständnis für Licht, Schatten und Materialien: Wie fällt der Schatten richtig, wenn ich ein Produkt in ein Bild montiere? Wie funktionieren Fenster, wie bricht das Licht? Wie gestalte ich einen Knopf und wie verhält er sich im dreidimensionalen Raum?

 

Über dieses Skillset sollten Designer:innen verfügen. Denn 3D-Design wird bald keine Spezialdisziplin mehr sein, die man auslagern kann, sondern selbstverständliche Voraussetzung.

Die Bedeutung der dritten Dimension für Marken und CD

Wie aber werden nun Markenerscheinungsbilder dreidimensional erlebbar? Meta hat es vorgemacht: Das Unternehmenslogo, das wir ständig sehen, ist nur eine Version – nämlich die zweidimensionale. Aber es wurde schon von vornherein dreidimensional konzipiert, um räumlich erfahren zu werden.

 

Die Frage ist heute schon lange nicht mehr „Funktioniert das Logo auf einer Visitenkarte?“, sondern eher „Funktioniert das Logo als Profilbild auf Social Media“. Und in Zukunft wird sie lauten: „Funktioniert das Logo im Raum? Wenn ja, wie?“

 

Fertige Antworten darauf gibt es – wie in so vielen anderen Bereichen (AI, Metaverse …) gerade auch – noch keine. Aber das werden wir in den nächsten Jahren vermutlich alle gemeinsam herausfinden. ⁠Hat ja mit dem iPhone damals auch geklappt.

Wir stehen Ihnen gerne als Sparringpartner oder für Fragen zur Verfügung.

Daniel Sorge, Partner

 

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