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Marken führen wie Freundschaften

Wieso das funktioniert, was man dabei beachten sollte, und welche Insights FACTOR zum Thema geben kann.

Text Daniel Sorge

Ja, eine Marke muss geführt werden – aber wie eine Freundschaft Überraschen - aber nicht zu sehr Eine ausgeglichene Freundschaft: Was muss gleich sein, und was immer anders? Routine ist ein Beziehungskiller, ein Freundschaftskiller, und ein Markenkiller Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser Was bedeutet all das konkret für Unternehmen?  Tipp 1: Choose your battles wisely Tipp 2: Choose your Team wisely Tipp 3: Asset-Bibliotheken anlegen Zum Schluss die Frage aller Fragen: Woher weiß man eigentlich als Unternehmen, dass es Zeit ist, sich zu wandeln?

Ja, eine Marke muss geführt werden – aber wie eine Freundschaft

Die alten Haudegen im Business sind sich in dieser Angelegenheit einig: Die größte Stärke einer Marke ist ihre Beziehungsfähigkeit. Aber wie schaffen es Marken, Beziehungen zu Menschen aufzubauen? Und wie müssen Marken geführt werden, um Beziehungen zu halten, zu vertiefen und zu festigen?

 

Die Antwort von FACTOR: Indem man sie wie Freundschaften führt.

Der Vergleich mit Freundschaft ist so passend, weil diese eigentlich genau das beschreibt, was eine Marke erreichen will: Freundschaft zur Zielgruppe. Eine langfristige, starke Beziehung mit gemeinsamen Erlebnissen und positiven Assoziationen. Letztendlich ist eine Marke nichts anderes als ein soziales Bündnis. Eine Gruppe von Menschen, die freiwillig sagt: Das ist meine Marke, die finde ich super. Das Erfolgsmodell der Freundschaft kann deshalb so gut auf Marken übertragen und genutzt werden, um sie zu stärker zu machen.

 

Diese Freundschafts-These funktioniert für Unternehmen als Markenführerinnen ebenso wie für die Perspektive der Endkund:innen als Markenfreund:innen. Wieso? Weil die Beziehung zu Marken in beiden Fällen mit einem Aspekt steht oder fällt: Vertrauen.

Überraschen - aber nicht zu sehr

Für Freundschaften wie für Marken gilt: Vertrautheit basiert darauf, dass man sich erkennt und weiß, was man voneinander zu erwarten hat. Die große Kunst in der Markenführung besteht darin, gleichzeitig vertraut und doch immer wieder neu zu sein – gute Freunde möchte man schließlich nicht langweilen. Für die Gestaltung von Marken ist diese Balance besonders wichtig, denn ein starr definiertes Markendesign, das an jedem Touchpoint exakt gleich daherkommt, ist automatisch langweilig. Das wäre vergleichbar mit einem Freund, der jedes Mal dieselben Klamotten trägt und – viel schlimmer! – jedes Mal dieselben Anekdoten erzählt.

Eine ausgeglichene Freundschaft: Was muss gleich sein, und was immer anders?

Unternehmen wünschen sich häufig Guidelines, in der alle Regeln für die Markenführung stehen. Wie ihre einzelnen Designelemente aussehen, wie sie spricht, und möglichst viele Anwendungsbeispiele – so dass theoretisch jede:r mithilfe der Guideline gut für die Marke arbeiten kann und immer weiß, was zu tun ist. Und während die Dokumentation des Markendesigns mit Sicherheit enorm wichtig ist, so darf sie auf keinen Fall als Regelbuch verstanden werden, nach dem die Marke zu führen ist. Wir bedienen uns wieder des Vergleichs mit der Freundschaft und stellen an dieser Stelle die Frage: Würden Sie eine Freundschaft nach Guideline führen?

 

Hoffentlich nicht. Der größte Erfolgsfaktor für gutes Markendesign liegt gerade darin, es nicht statisch und langweilig, vollständig verregelt nach Schema F zu führen, weil es das genaue Gegenteil von dem wäre, was das Design leisten muss: Immer wieder überraschen, neu und interessant sein. Damit gelangen wir auf direktem Wege erneut zur zentralen Fragestellung: Wie kann eine Marke interessant bleiben und beständig Aufmerksamkeit generieren, ohne dabei ihren Kern zu verlieren?

Routine ist ein Beziehungskiller, ein Freundschaftskiller, und ein Markenkiller

Ein gutes Beispiel für eine Marke, die das Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Langeweile exzellent meistert, ist das Festival. Hurricane, Fusion, Wacken und alle anderen großen Festivals sind Marken, die großes Vertrauen genießen und es jedes Mal wieder schaffen, enorme Menschenmassen für sich zu begeistern. Bands und DJs variieren von Jahr zu Jahr, aber man weiß als Festivalgänger:in trotzdem genau, was man zu erwarten hat – und geht eigentlich nicht primär für die Musik, sondern für das Gesamtpaket.

Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser

Im Kontext des Vertrauens kann die Frage gestellt werden, inwiefern Marken in den letzten Jahren einen (moralischen) Wertewandel vollzogen haben: Konsum ist politischer geworden. Für Unternehmen reicht es nicht aus, gute Produkte herzustellen, sie müssen sie auch gut herstellen. Konsument:innen prüfen viel genauer, wie Unternehmen handeln und schenken oder entziehen ihr Vertrauen. Es wird nur den Marken vertraut, die ganzheitlich verantwortungsvoll handeln. Vertrauen zu gewinnen, zu vertiefen und zu erhalten ist für Marken der beste Weg in die Zukunft. Auch hier ist es dann wie in einer Freundschaft – wenn mal etwas schiefgeht, ist nicht gleich alles vorbei, sondern man verträgt sich wieder.

Was bedeutet all das konkret für Unternehmen? 

Fest steht: Für erfolgreiches Markenmanagement müssen verschiedene Aspekte ineinandergreifen. Es muss eine präzise definierte Marke und ein klares Markenbild geben. Beides müssen alle verstehen, die mit der Marke arbeiten – und im Anschluss natürlich auch die Menschen, die eine Beziehung zu ihr haben, die Kund:innen. Für die Kommunikation ist es essenziell, dass die Marke in ihrem Wesen immer erkennbar bleibt. Und das wiederum setzt voraus, dass diejenigen Menschen, die das Markendesign managen, immer Antworten haben auf Fragen wie

 

  • Was muss gleich sein?
  • Was muss anders sein?
  • Was kann ich immer wieder neu erzählen?

 

Pauschale Antworten gibt es dabei nicht, auch wenn die meisten Designer:innen sich einig sind, dass zum Beispiel das Logo sich als zentrales Element anbietet, das immer gleich bleibt. Doch selbst diese Aussage kann nur unter dem leisen Vorbehalt erfolgen, dass auch Logos sich beständig weiterentwickeln, oder zumindest deren Einsatz. Allgemein könnte man vielleicht so viel sagen: Bestimmte Grundelemente des Markendesigns müssen gleich bleiben, doch der Einsatz, das Spiel mit diesen, muss sich dennoch weiterentwickeln und an unterschiedlichen Touchpoints unterschiedlich wirken.

Tipp 1: Choose your battles wisely

Manche Elemente eines Markendesigns können leichter gemanaged werden als andere. Der Bedarf an Bildmaterial ist über die letzten Jahre proportional zur Zahl der Touchpoints so stark gewachsen, dass eine Marke sehr genau abwägen muss, ob sich die Produktion eigenen Bildmaterials lohnt. Nicht zuletzt boomt deshalb das Thema Branded Stock gerade: Es füllt die Lücke zwischen eigener Fotoproduktion und Stock-Material.


In den meisten Fällen macht es wenig Sinn, sich vorzunehmen, die Bildsprache ganz einheitlich zu gestalten. Das würde bedeuten, dass es fast jeden Tag ein Fotoshooting braucht, um dem immensen Bedarf nachzukommen. An dieser Stelle ist es ratsam, ein bisschen locker zu lassen und dafür andere Elemente zu schaffen, die für die Wiedererkennung sorgen.

Tipp 2: Choose your Team wisely

Konsistenz im Markenauftritt ist viel leichter zu erreichen, wenn nicht 100 Menschen an der Markenarbeit beteiligt sind. FACTOR empfiehlt ein kleines, starkes Kernteam, dessen Mitglieder die Essenz der Marke durch und durch verstanden haben. Das soll nicht heißen, dass dieses Team die ganze Arbeit selbst macht, aber es muss in der Lage sein zu führen und die wichtigen Antworten auf die Balance-Fragen zu finden. Gute Markenmanagement-Teams sind Guidelines haushoch überlegen, selbst wenn diese von kompetenten Menschen genutzt werden. Das gilt für die Agentur- sowie für die Kundenseite. Das Team auf Kundenseite ist im Übrigen der mit Abstand wichtigste Faktor für den Erfolg der Marke. Auch sollte die Marke möglichst über einen längeren Zeitraum von denselben Menschen begleitet werden. Diese bekommen dadurch Gelegenheit, sich die größtmögliche Expertise anzueignen. Ein Corporate Design zu entwickeln ist eine große und wichtige Leistung für sich – die eigentliche Arbeit beginnt aber erst, wenn die Marke beginnt zu leben, zu kommunizieren und in Erscheinung zu treten.

Tipp 3: Asset-Bibliotheken anlegen

Viele Räder müssen nicht immer neu erfunden werden, Bibliotheken mit Icons, Illustrationen und Fotos helfen bei der täglichen Markenarbeit. Doch Vorsicht: Wer die Assets als Ersatz für Kreativarbeit sieht und an den entscheidenden Stellen nicht selbst aktiv wird, beschädigt die Marke. Bibliotheken sollen als Abkürzung dienen und vor allem der Kreativität an den richtigen Stellen Raum verschaffen.

 

Auch das wieder eine Frage der Balance: Zu wissen, wo sich der Zeiteinsatz lohnt und wo nicht, ist die große Kunst. Dieses Wissen kommt mit dem Handwerk und der fachlichen Expertise des Markenmanagement-Teams – ob intern oder extern. Gut geführte Marken brauchen, genau wie Freundschaften, viel Aufmerksamkeit, Ideen und Energie.

Zum Schluss die Frage aller Fragen: Woher weiß man eigentlich als Unternehmen, dass es Zeit ist, sich zu wandeln?

Endlich eine Frage, auf die es eine ganz einfache Antwort gibt: Die Zeit ist immer. Erfolgreiche Unternehmen sind ständig in Bewegung. Immer neue Produkte und Services müssen die Aufmerksamkeit der Kund:innen erregen und neues Interesse wecken. Mit ihrem Erscheinungsbild hat das eigentlich wenig zu tun, dabei geht es mehr um die Unternehmen an sich. Sie müssen den Markt und die Trends beobachten und einschätzen, wie sich diese auf sie auswirken, unmittelbar und in Zukunft. Das bedeutet, sich beständig zu informieren und zu antizipieren. Sie dürfen sich nie zurücklehnen, müssen immer auf der Stuhlkante sitzen und bereit sein, aufzuspringen.


Und mit diesem Mindset geht automatisch der Anspruch einher, auch das Markendesign beständig weiterzuentwickeln. Ein kompletter Design-Relaunch sollte nur erfolgen, wenn sich das Unternehmen und seine Markenstrategie grundlegend und radikal gewandelt hat. In allen anderen Fällen kann es eigentlich nur bedeuten, dass man in diesem Bereich etwas versäumt hat. Denn: Freund:innen verändern und entwickeln sich kontinuierlich, schrittweise und natürlich – und nicht radikal über Nacht.

Letze Aktualisierung: 

 

24.04.2023, 10:15

 

Dieser Artikel wurde am 24.04.2022 veröffentlicht.

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Daniel Sorge, Partner

 

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