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Durchdachte Marken-Architektur

Wie sie Ihren Markenerfolg unterstützt

Text Axel Prey

Eine strategisch ausgerichtete und zukunftsorientierte Markenstrategie schafft Vertrauen – ein wichtiger Trumpf im Wettbewerb mit der Konkurrenz. Vor allem für Mehrmarkenunternehmen ist eine professionelle und konsequente Markenarchitektur einer der wichtigsten Schlüssel zu diesem Wettbewerbsvorteil.

 

Sie regelt die Anordnung, Hierarchie und Rolle von verschiedenen Brands in einem Unternehmen sowie ihre Beziehung zueinander. Damit erleichtert sie die Verwaltung und Vermarktung von Marken, unterstützt die Markenpositionierung und -strategie und schafft Synergien zwischen verschiedenen Marken.

 

Markenarchitektur ist dabei mehr als eine Markenstrategie, weil sie einen ganzheitlichen Blick auf das Unternehmen erfordert.

Entscheidungsgrundlage für zukünftige Markenstrategien Architekturformen und ihre Markenstrategien 1. House of Brands 2. Branded House 3. Endorsed Brands (Unterstützte Marken)

Entscheidungsgrundlage für zukünftige Markenstrategien

Vor allem dann, wenn neue Marktsegmente oder Zielgruppen erschlossen werden sollen, vor Produkt- oder Sortimentserweiterungen sowie beim Erwerb neuer Marken ist eine Beschäftigung mit der Markenarchitektur unverzichtbar. Sie legt den Grundstein für die zukünftigen Markenstrategien und hängt von mehreren Faktoren ab: von der Zielgruppe und dem Wettbewerbsumfeld, aber auch von den  Unternehmenszielen und der Finanzkraft.

Architekturformen und ihre Markenstrategien

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen drei Markenmodellen mit entsprechenden Markenstrategien:

 

  • House of Brands (Einzelmarkenstrategie)
  • Branded House (Dachmarkenstrategie)
  • Endorsed Brands (Anlehnungs-Markenstrategie)

 

Darüber hinaus sind natürlich auch Mischformen möglich, wenn z. B. innerhalb eines Unternehmens eine Marke als House of Brands und andere als Dachmarken geführt und positioniert werden.

1. House of Brands

Bei diesem Markenmodell agieren verschiedene Einzelmarken unabhängig voneinander und stehen mit eigenständigen Identitäten im jeweiligen Wettbewerbsumfeld. Jede Marke wird individuell beworben und positioniert; eine Beziehung zur Unternehmens- und zu den Schwestermarken ist in der Regel nicht gewünscht, unwichtig oder kontraproduktiv. Dadurch wird Diversifikation in verschiedenen Marktsegmenten möglich, ohne dass sich die Marken gegenseitig konkurrenzieren.

 

Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Unilever. Das Unternehmen besitzt eine Vielzahl von Marken wie Knorr, Lipton, Langnese oder Axe, von denen jede für sich steht. Dieser Form der Markenarchitektur wird die Einzelmarkenstrategie am besten gerecht.

 

Einzelmarkenstrategie (Individual Branding)

 

Jedes Produkt oder jede Produktlinie werden unter einer eigenen Marke vertrieben. Diese Strategie wird übrigens auch gern genutzt, um Einzelmarken besser herauszulösen oder verkaufen zu können. Sie bietet viele Vorteile, hat aber auch Nachteile:

 

+ autarke Identitäten
+ Potenzial, ähnliche oder gleiche Zielgruppen mit ähnlichen Angeboten anzusprechen
+ kompromisslos eigenständige Positionierung im Marktsegment
+ differenziertes Eingehen auf Kundenbedürfnisse
+ maßgeschneiderte Werbebotschaften 
+ hohe Flexibilität 
+ bessere Risikostreuung 
+ mehr Flexibilität für Produktinnovationen
+ keine negativen Spill-Over-Effekte (Übertragungseffekt, bezeichnet die Auswirkungen von Aktivitäten auf andere Ebenen und Bereiche)

 

- extrem kosten- und ressourcenaufwändig, da jede Marke einzeln geführt werden muss
- keine sichtbaren Synergien, weder zwischen Mutter- und Tochtermarke noch zwischen den Submarken untereinander 


Anwendungsgebiete für die Einzelmarkenstrategie

 

  • Spezialisierte Produkte und Dienstleistungen, weil ihre Alleinstellungsmerkmale besser vermittelt werden können.
  • Premium- und Luxusmarken, weil deren Exklusivität und Qualität dadurch betont werden.
  • Aufbau einer starken Markenloyalität, weil die Markentreue steigt, wenn Kund:innen ein klares und konsistentes Markenerlebnis geboten wird.
  • Kleine und mittelständische Unternehmen, weil sie ihre begrenzten finanziellen Mittel auf eine Marke konzentrieren können.

2. Branded House

Eine starke Unternehmensmarke wird konsequent auf alle Leistungsbereiche und Angebote des Unternehmens übertragen. Auch wenn die einzelnen Produkte und Dienstleistungen sehr unterschiedlich sein können, werden sie unter einer gemeinsamen Dachmarke verkauft. Logo und Erscheinungsbild der Submarken unterscheiden sich dabei nicht oder nur marginal.

 

Dieses Markenmodell verwendet z. B. Nivea, das Nivea Sun, Niveau Man oder Nivea Baby konsequent unter seiner Hauptmarke anbietet. Auch Apple verkauft seine Submarken (iPhone, iPad und MacBook) unter der Ursprungsmarke.


Dachmarkenstrategie (Umbrella Branding)

 

Bei diesem Strategiemodell stellt die Dachmarke und nicht die Submarken die Differenzierung zum Wettbewerb her. Die Voraussetzung dafür sind gleiche Markenwerte und -versprechen sowie ein ähnliches Leistungsangebot und/oder ähnliche Zielgruppenerwartungen. Weitere wesentliche Bausteine sind Ähnlichkeit, Unterscheidbarkeit und positive Konsumentenwahrnehmung. Die Dachmarkenstrategie schafft eine klare Verbindung zwischen den Produkten und der Hauptmarke mit folgenden Konsequenzen:

 

+ Klarheit und Stärke für die Hauptmarke 
+ einheitliches Markenbild 
+ große Sichtbarkeit
+ Steigerung der Markenbekanntheit und Kundenloyalität
+ Subbrands nutzen eine etablierte Dachmarke.
+ hohe Synergieeffekte und Kosteneinsparungen bei der Vermarktung 
+ wenig Marketingaufwand zur Etablierung
+ erleichtertes Cross-Selling (Verkauf von verwandten oder ergänzenden Produkten und Dienstleistungen über bestehende Kundenkontakte)
+ Neue Produkte oder Dienstleistungen können schnell in den Markt eingeführt werden.

 

- eingeschränkte Flexibilität zur Ansprache verschiedener Zielgruppen 
- negatives Spill-Over möglich
- Probleme bei stark divergierenden Zielgruppen oder Leistungsangeboten
- Gefahr einer zu starken Markendehnung (Verwässerung, Unglaubwürdigkeit)
- weniger Differenzierungsmöglichkeit vom Wettbewerb im jeweiligen Marktsegment

 

Wann ist eine Dachmarkenstrategie sinnvoll?

 

Das Kernprinzip der Dachmarke ist der Transfer des Vertrauens in die Muttermarke auf alle Produkte und Produktlinien, was besonders in Märkten mit kurzen Produktlebenszyklen von Vorteil ist. Sie kann in Form von Produktlinien- oder Markenerweiterungen erfolgen, um das positive Image der Dachmarke auf neue Produkte zu übertragen. 

 

Dabei ist eine langfristige Marketingstrategie erfolgsentscheidend, weil die Einführung von Produkten unter einer etablierten Dachmarke Vertrauen schaffen muss.

3. Endorsed Brands (Unterstützte Marken)

Dieses Markenmodell ist eine Mischform zwischen dem House of Brands und dem Branded House. Hier wird die Muttermarke verwendet, um Produkte oder Produktlinien zu unterstützen, ohne sie jedoch direkt zu dominieren. Verschiedene Produkte teilen sich eine gemeinsame Marke, behalten aber auch ihre individuellen Markennamen.

 

Als Beispiele dafür dienen Marriott International, das Marken wie Marriott, Ritz-Carlton und Courtyard betreibt, oder Giorgio Armani mit seinen Submarken Giorgio Armani, Emporio Armani, Armani Jeans und Armani Exchange.

 

Anlehnungs-Markenstrategie (Family Branding)

 

Bei dieser Strategie hat jede Marke ihre eigene Identität und wird unabhängig von der Hauptmarke vermarktet, diese dient nur als Empfehlung oder Qualitätssiegel. Dadurch wird die Hauptmarke gestärkt und die Submarken profitieren von der gemeinsamen Bekanntheit. Daraus ergeben sich die folgenden Vor- und Nachteile:

 

+ unterschiedliche Markenidentitäten und Zielgruppen 
+ Flexibilität für die Einführung neuer Marken oder Produkte 
+ eigenständige Positionierung mit z. T. eigenständigen Markenwelten 
+ wenig negativer Spill-Over auf die Muttermarke
+ viel Spielraum bei der CD-Gestaltung

 

- höherer Marketingaufwand als bei Dachmarkenstrategie
- weniger Synergieeffekte

 

Use-Cases für die Anlehnungs-Markenstrategie 

 

Das sogenannte Family Branding wird vor allem dann angewendet, wenn Unternehmen über eine etablierte Hauptmarke mit hoher Glaubwürdigkeit, Vertrauen und positiven Assoziationen verfügt. Bei einer schwachen Hauptmarke macht diese Strategie wenig Sinn, weil sie durch die Subbrands nur wenig aufgeladen werden kann.

 

Deshalb kommt die Anlehnungs-Markenstrategie vor allem in den folgenden Bereichen zum Einsatz:

 

  • Produkterweiterungen: Kundinn:en, die bereits Vertrauen in die Hauptmarke haben, sind eher geneigt, auch die neuen Produkte auszuprobieren.
  • Aufbau eines konsistenten Markenportfolios
  • Lizenzierung und Partnerschaften: Andere Unternehmen verkaufen Produkte, die den Namen der Hauptmarke tragen.
  • Geografische Expansion: Hier wird die Hauptmarke leicht angepasst, um kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen.
  • Marktsegmentierung: Entwicklung spezifischer Produkte oder Dienstleistungen für unterschiedliche Segmente
  • Krisenmanagement: bei Reputationsschäden oder Krisen zur Wiederherstellung des Kundenvertrauens 
  • Unternehmensakquisitionen: Um einheitliche Markenbotschaften zu gewährleisten, werden Produkte oder Dienstleistungen des erworbenen Unternehmens unter der eigenen Hauptmarke verkauft.
  • Nischenmärkte: Möglichkeit, spezialisierte Produkte für ein bestimmtes Publikum anzubieten, während die Glaubwürdigkeit der Hauptmarke erhalten bleibt.


Die Wahl des passenden Markenmodells und der dazugehörigen Strategie wirkt sich positiv auf viele Unternehmensbereiche aus: Sie ermöglicht maßgeschneiderte Botschaften und Nutzerversprechen für unterschiedliche Zielgruppen. Sie reduziert Marketingkosten und schafft eine differenzierende Positionierung auf dem Markt. Und sie kann einen Vertrauenszuwachs bei Kundinnen, Mitarbeitenden, Investoren und anderen Interessengruppen bewirken.

 

Allerdings hat jedes Modell auch seine Nachteile. Um aus den verschiedenen Möglichkeiten jene Markenarchitektur zu finden, die für ein Unternehmen am besten passt, benötigt es fundiertes Markenwissen und strategisches Know-how. Beides finden Sie bei Factor. Wir unterstützen Sie gerne bei Ihrer Entscheidungsfindung.

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Axel Prey, Partner

 

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